Eine Pflanzung in luftiger Höhe

Wenn es um Höhen geht, bin ich ein Angsthase. Und doch stieg ich schon vor vielen Jahren auf einem Außengerüst bis zum Dach des Gadebuscher Kirchturms, um eine Reportage über dessen Sanierung schreiben zu können.

Meine grundsätzliche Angst vor Höhen hat sich dadurch leider nicht gegeben. Und so biss mein Mann bislang bei mir auf Granit, wenn er darum warb, das Dach unserer fünf Meter hohen, wieder aufgebauten Fachwerkscheune auf einer Leiter zu erklimmen, um dessen wunderbar blühendes Dach in Augenschein zu nehmen.
In diesem Jahr nun bin ich schwach geworden. Wir saßen bei einem Milchkaffee im Kiesgarten. Ich fragte meinen Mann, ob er eine Idee habe, worüber ich in dieser Woche meine Kolumne schreiben könnte. Über das Gründach unserer Scheune, kam zur Antwort. Auch mein Blick war auf die Grünbepflanzung gefallen. Und so nahm ich unsere Gedankengleichheit als Zeichen. Man ist doch nie zu alt, um nicht doch immer noch was Neues in Angriff zu nehmen!

Also die lange Leiter rausgeholt, sich ein Herz gefasst und Stufe für Stufe dem Dach entgegen geklettert. Auf dem etwa drei Meter hohen Anbau erwartete uns eine Mischung von Schlangen-, Kaukasus-, Asien-, Kamtschatka-, Buckel-, Japan- und Oregon- Fetthenne, die rosa und gelb blühte. Bepflanzt worden war der Anbau nie wirklich. Mein Mann hatte immer mal auf dem oberen Dach ein Pflanzenteil abgebrochen und auf die untere Fläche geworfen. Auf der kargen, etwa zehn Zentimeter dicken Schotter-Mischung verwurzelten sich diese und wuchsen dann in die Breite. Zwei Meter höher erwartete uns ein ähnlicher Anblick. Auch hier eine dichte Pflanzendecke aus verschiedenen Sedum-Arten.

Was ich bei meiner Zusage zur Dachbesteigung nicht bedacht hatte, war der tolle Blick, der sich uns vom Scheunendach auf den Garten bot. Dass ich mir den so viele Jahren entgehen lassen hab! Ebenerdig habe ich das Gefühl, unseren Garten schon aus jeder erdenklichen Ecke gesehen und fotografiert zu haben. Hier oben aber eröffneten sich mir ganz neue Ausblicke, die ich denn auch munter mit der Kamera festhielt.

Beim Runterklettern wurde mir bewusst, wie wenig das Ganze wirklich mit einer Mutprobe zu tun hatte. Einmal in jedem Jahr aufs Dach – das ist denn jetzt auch ein Vorsatz für die Zukunft. Und noch eins fiel mir ein. Da gab es vor Jahren doch diese Idee, auf dem Gründach einen Liegestuhl zu positionieren. Für Pausen, so ganz der Welt enthoben!