Im Wettlauf mit der Zeit

Drispeth im Winter

Eben noch war die Gärtnerin im Wintermodus. Draußen lag Schnee, sehr kalt war’s und die Sehnsucht nach aktivem Draußen-Sein brach sich Bahn in stundenlangen Wanderungen. Doch seit ein paar Tagen ist alles anders. Der Schnee schmolz im Eiltempo.

Kaum ist der Boden frostfrei, zeigen sich die ersten Frühjahrsblüher. Schneeglöckchen, Winterlinge und Elfenkrokusse bilden überall im Garten kleine Blütenteppiche. Die gelbe Zaubernuss steht in vollstem Blütenkleid. Besucherin Marianne macht auf deren schönen Duft aufmerksam. Der ist mir noch gar nicht aufgefallen: Liegt’s daran, dass ich von einem Tag auf den Anderen im Arbeitsmodus bin? Meine Maler- und Aufräumarbeiten im Haus sind noch nicht hundertprozentig beendet. Egal. Das kann und muss jetzt warten. Weil die Natur einen Turbostart in den Frühling hinlegt, habe ich das Gefühl, an allen Ecken und Enden gleichzeitig Hand anlegen zu müssen. Hecken und Gehölze sollen zurückgenommen werden. Also schnell in die Spur. Sträucher und Bäume werden bald ausschlagen und sich begrünen. Auf den Blumenbeeten müssen Stauden zurückgeschnitten werden. Schon treiben Narzissen, Tulpen und Zierlauch durch. Auch erste Stauden zeigen ihren Neuaustrieb. Also schnell Hand angelegt. Wer jetzt noch lange auf seinen Beeten rumtrampelt, schädigt das zarte Grün, ermahne ich mich. An den Futterstationen zeigen sich nach der Schneeschmelze Hunderte Nussschalen, die Spechte und Eichhörnchen beim Wickel hatten und von Amseln nun bis aufs Letzte ausgepickt werden. Auf dem Sitzplatz auf dem Hof haben sich viele Reste vom Vogelfutter in den Fugen festgesetzt. Also Besen und Harke geschultert und die Spuren des Winters beseitigt, damit sich vom Haus aus ein schöner Blick in den Garten ergibt. Sich treffen mit der Freundin? Auch das wird warten müssen. Die Freundin ist Gärtnerin wie ich und im gleichen Wettlauf mit der Zeit. Vielleicht gibt es ja demnächst mal einen Regentag.

Doch erst einmal scheint die Sonne. Ist es warm, können Mütze und Jacke abgelegt werden. Der Mann kommt mit einem ersten Milchkaffee um die Ecke, ruft zur Pause. Die Nase der Wärme entgegenstreckend, atmen wir durch, fällt der Arbeitsmodus von uns ab. Jubilieren wir: Es geht wieder los! Endlich wieder gärtnern können, den Rücken krumm machen, in der Erde buddeln! Endlich sich wieder laben können an werdendem Grün!