Mehr Nichtstun wagen!

Aufgeschichtetes Holz

Frühlingshafte Temperaturen lassen die Gärtnerin in mir frohlocken: Endlich kann ich Hand anlegen, kann meine Staudenbeete beräumen, kann Ordnung schaffen im Garten. Zufrieden mit meinem Tagwerk lausche ich abends im Rahmen des 11. Online-Bio-Balkon-Kongresses einem Impulsvortrag von Dr. Michael Altmoos. Und komme schwer ins Nachdenken!

Denn der Biologe und Naturschützer betreibt in Rheinland-Pfalz mit seiner Frau ein Mitmach-Museum für Naturschutz mit großem Schmetterlings- und Moosgarten. Und fordert mich auf, mehr Wildnis in meinem Garten zu wagen. Dafür soll ich am besten Flächen aus der Nutzung nehmen, soll ich der Natur mehr Raum und Zeit geben.

Ganz fremd ist mir das Prinzip der vermeintlichen Unordnung nicht. Größere Wiesenflächen in unserem Garten gibt es schon seit ein paar Jahren. Sie sind lebendige Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Sogenanntes Totholz schichten wir gern zu Haufen auf, die so zu Lebensräumen werden. Auch der Rückschnitt von Stauden kommt zunächst auf einen Haufen, so dass der Insektennachwuchs schlüpfen kann. Zahlreiche Nistmöglichkeiten für Vögel und ein Insektenhotel gibt es zudem.

Die Anregungen von Dr. Michael Altmoos gehen allerdings weit darüber hinaus. Statt beim Anlegen von Wiesen zu Aussaaten zu greifen, schlägt er vor, Flächen sich selbst begrünen zu lassen. Für Wildbienen regt er im Garten Sandaufschüttungen an. Laub solle als Unterschlupfmöglichkeit liegen gelassen werden, manche Ecken im Garten unaufgeräumt blieben. Weil um Haufen das Leben tobt, so Michael Altmoos, sollten auch Steine geschichtet und kleine Rohbodenflächen offengehalten werden. Wurzeln von Bäumen sollten in der Erde zerfallen dürfen. Mauerblümchen und Ritzenrebellen sollten wir zulassen und „Beete des Nichtstuns“ anlegen.

Der Ökologe hat über Moose, Schmetterlinge und das Wagen von Wildnis Bücher geschrieben, ist für seine Projekte mehrfach ausgezeichnet worden. Er ist selbst ein Macher. Deshalb ist ihm durchaus bewusst, wie schwer es uns Menschen fallen kann, nichts zu tun und vermeintliche Schädlinge wie z.B. Blattläuse gewähren zu lassen „Es ist das Einfachste und das Schwierigste zugleich“, betont er in seinem Vortrag. Und macht deutlich, dass Wildnis provozieren und irritieren könne und nicht immer schön sei. Doch sie könne uns zum Beobachten, zum Lernen, zum Genießen bringen. Und ist überzeugt: „Es ist der mutigste Naturschutz, den wir machen können!“