Was mich die Hühner lehren

Küchengarten

Als junges Mädchen fand ich das Landleben eher langweilig. Nichts los bei meiner Tante Erika – dieses Gefühl hatte ich oft. Heute liebe ich gerade die Zeit, wenn unser Dorf ganz ruhig ist, wenn die Welt da draußen scheinbar stillsteht. Nur das Gackern von Hühnern begleitet solche Stunden.

Schwups bin ich dann gefühlt im Dorf meiner Kindheit, wo die Hühnerschar meiner Tante ihr freies Leben führen durfte. Tagsüber pickte und scharte die sich durch die Umgebung des kleinen Siedlerhauses, abends saß sie einträchtig beieinander im Stall. Frische Eier gab es gratis. In einer jener stillen Stunden hatte ich eine Idee: Hühner im eigenen Garten, das wär‘s!

Mein Küchengärtner-Mann war schnell überzeugt. Auch er kennt das Landleben aus Kindertagen, weiß die Selbstversorgung zu schätzen. Warum zu eigenem Obst und Gemüse nicht auch für eigene Eier sorgen? In der Folge besuchten wir eine Rassegeflügelausstellung, suchten die zu uns passenden Hühner aus, bauten einen Stall. Ein paar Wochen später zogen ein paar Klein Welsumer bei uns ein. Diese Zwerghühner sind für Anfänger geeignet, legen fleißig und relativ große Eier. Die Hühner sind rostrebhuhnfarbig, der farbenfrohe orangefarbene Hahn ein schönes Tier. Klar war von Anfang an: Unsere Hühner dürfen frei im Garten laufen. Ein 5000 Quadratmeter großes Grundstück wird doch wohl für alle reichen!

Eine Denkweise, die die Gärtnerin in mir dennoch an ihre Grenzen bringen kann. In der Haltung sind unsere Hühner preiswert, weil sie sich fast ihr ganzes Futter selbst suchen. Doch sie scharren, picken und staubbaden natürlich dort, wo es ihnen beliebt. Im Staudenbeet an der Feuerstelle ist im Sommer eine ihrer nicht zu übersehenden Lieblingsstellen. Deutliche Kahlstellen und Mulden durchziehen den Boden, auf dem eigentlich Stauden und Blumenzwiebeln wachsen sollten. Auch ein schmales Beet am Garteneingang, im Schutz der Hauswand lieben sie. Ich ebne den Boden zwischen den Stauden immer wieder ein. Sie scharen immer wieder deutliche Mulden. Am fleißigsten waren die Hühner in den letzten Wochen im Küchengarten. Dessen Wege sind um- und umgewühlt, bestehen gefühlt nur noch aus Dellen.

Nun könnte ich mit dem Tun der Tiere hadern. Doch die Gärtnerin in mir versteht das Ganze als Lektion. Friedliches Miteinander braucht Kompromisse! Ich halte das Unperfekte aus, übe mich in Gelassenheit und Toleranz. Und sage mir deshalb: Huhn sei Dank!